Münster - Nicht nur Jürgen Klopp verdingt sich künftig als Trainer-Mentor, sondern auch Ralf Brandt. Der Münsteraner und der Stadtsportbund wollen junge Coaches unterstützen – unter anderem, damit Rückzüge wie der jüngst von Lothar Matthäus verhindert werden.
Die Visitenkarte von Ralf Brandt bietet ohnehin reichlich Lesestoff: Der 63-Jährige ist Sportwissenschaftler, Lehrbeauftragter, Landeslehrwart im Squash, Diplom-Trainer und Paraski-Instruktor des Deutschen Behindertensportverbandes.
Seit Jahrzehnten gibt es kaum Aktive des Squashboards Münster, die nicht schon Tipps von Trainer Brandt eingeholt hätten, an der Uni Münster und in Kooperation mit der Uniklinik arbeitet Brandt als Honorartrainer beim Förderverein ZNS (Zentrales Nervensystem) mit Hirntumorpatienten – und als sei all das nicht genug, hat der umtriebige Allrounder jetzt eben noch ein weiteres Betätigungsfeld für sich eröffnet.
An der Trainerakademie der Sporthochschule Köln hat der Münsteraner eine weitere von vielen Weiterbildungen erfolgreich absolviert und ist jetzt offiziell im Auftrag des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) als Trainermentor im Einsatz.
Brandt wie Klopp – nur anders
Ein Titel, der nicht erst seit der aktuellen Berufung von Jürgen Klopp in den Red-Bull-Kosmos mehr als nur ein Zeitgeistphänomen ist. Der Fußballlehrer soll künftig als Mentor, sprich Förderer und Unterstützer, die Trainer im RB-Verbund betreuen, den Kollegen mit seinen Erfahrungen und Kompetenzen aus- und weiterhelfen. Im Ansatz deckt sich das mit den Aufgaben von Ralf Brandt, der sich allerdings nicht mit Profis und nicht ausschließlich im Bereich Fußball beschäftigt, sondern seine Erfahrungen mit jungen, aufstrebenden Trainern in allen Sportarten teilen will.
„Davon gibt es unglaublich viele“, sagt Brandt. „Und eben auch unglaublich viele potenzielle Probleme, die da auftauchen können. Da ist es natürlich hilfreich, wenn nicht jeder junge Trainer oder jede Trainerin jedes Problem selbst für sich neu erleben und lösen muss, sondern auf die Erfahrungen von anderen Trainern zurückgreifen kann.“
„Leben von jungen Menschen im Ehrenamt“
Eine Idee, die auch beim Stadtsportbund Münster auf fruchtbaren Boden gefallen ist, wie SSB-Chef Jörg Verhoeven bestätigt: „Für unsere Vereine in Münster ist das ein ganz wichtiges Angebot, wir vertreten fast 200 Vereine – und leben von jungen Menschen, die im Ehrenamt als Trainer und Betreuer tätig sind.“
Folgerichtig ist eine Zusammenarbeit mit Ralf Brandt geplant und eine erste Veranstaltung bereits eingestielt. Der SSB sieht sich in Problemfällen als Vermittler, will junge Trainer und Trainerinnen im Bedarfsfall mit dem Mentor zusammenbringen. Als Initialzündung wird es noch in diesem Jahr einen Mentoren-Workshop geben, der in den kommenden Wochen ausgeschrieben und beworben wird.
Matthäus-Rückzug zeigt nur ein Problem auf
Wie aktuell das Thema ist, zeigte sich erst vor wenigen Wochen, als es der Alt-Internationale Lothar Matthäus wieder in die Schlagzeilen schaffte, nachdem er seinen Job als Jugendtrainer beim TSV Grünwald in München hingeschmissen hatte. Nicht seine jungen Schützlinge seien das Problem gewesen, sondern deren Eltern, erzählte der ehemalige Nationalspieler.
Ein Phänomen, das Brandt und Verhoeven aus vielen Berichten von jungen Trainern nur zu gut kennen. „Aber auch mit den Vereinen, den Strukturen, den handelnden Personen in den Vorständen und Abteilungen kann es immer wieder zu Problemen kommen“, so Brandt. Nichts sei ärgerlicher, betont Verhoeven, als wenn junge Menschen durch vermeintlich unlösbare Probleme aus ihren so wichtigen Ehrenämtern getrieben würden. „Wir wollen Hilfe anbieten und haben mit Ralf Brandt jetzt einen absoluten Fachmann an Bord.“
Ralf Brandt (l.) und Jörg Verhoeven haben sich jeweils auf ihre Weise ganz dem Sport in Münster verschrieben. Ab sofort arbeiten der Sportwissenschafler Brandt und der Chef des Stadtsportbundes Hand in Hand zusammen. Foto: Ansgar Griebel
Bericht der Westfälischen Nachrichten
